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Zur neuen Event-Reihe: GENDER FREIHEIT KINO

Ab Oktober 2019 beginnt für Kultur & Gestalt ein neues Projekt! Wir kooperieren mit der Kinopassage Erlenbach für eine Filmreihe mit dem Titel “Gender Freiheit”. Das romantische Programmkino zeigt dort immer abwechselnd an Sonntagen zur Mattinee um 12:30 und an Donnerstagen um 19:30 Meisterwerke der Filmgeschichte, in denen das Thema Geschlecht und Sexuelle Identität verhandelt wird. Im Anschluss an die Filme diskutiert das Kultur & Gestalt Team mit den Gästen über das Gesehene. Wir wollen die Filme nutzen, um ins eigene Denken und Fühlen zu kommen.

Wir werden folgende Filme zusammen sehen:

6.10.19 Der Spalt
24.10.19 Harold and Maude
10.11.19 Alle Farben des Lebens
09.01.20 Eine fantastische Frau
26.01.20 Eine neue Freundin
06.02.20 A million dollar baby
16.02.20 Der verlorene Sohn 
05.03.20 Wüstenblume
15.03.20 Girl
29.03.20 Nine

Tickets gibt es bei der Kino-Passage. Die Termine finden Sie außerdem in unserem Eventkalender und bei Facebook.

Worüber reden Feminist*innen heute?

Nach dem wir mit KuGe Kultur und Gestalt im Januar beim Feministischen Barcamp Mannheim waren, möchte ich mit etwas zeitlichem Abstand nochmal die wichtigsten Ergebnisse aus unserer Session teilen. Wir haben unser Angebot in der ersten Session-Runde gegen 12 Uhr durchgeführt. Die Frage, mit der wir gestartet sind, war: “Feminismus 3.0: Was wollen Feminist*innen heute?” Wir haben uns sehr darüber gefreut, dass unser Workshop ziemlich voll war, sodass wir so viele Meinungen, Impulse und Standpunkte zusammentragen konnten. Nach einer kurzen Zusammenfassung, was im Feminismus bisher zentrale Forderungen waren und einem kurzen Überblick der Rechtsgeschichte der Gleichstellung aller Geschlechter (ohne Gewähr auf Vollständigkeit) sind die Teilnehmer*innen zu Wort gekommen. Wir haben in gemeinsam zusammengetragen, was den Anwesenden zum Thema Feminismus wichtig ist.

Hier ist eine Liste der Punkte, die genannt wurden:

  • Medien, nicht Gesetze bestimmen unser Denken (Schönheitsideale, Femnistische Pornographie)
  • Feminismus: Freiheit, sich von gesellschaftlichen Rollenbildern frei zu machen (gilt für Männer, Frauen, Divers)
  • Schluss mit Geschlechterstereotypen
  • Gleichberechtigung: sozial, in der politische Teilhabe, in der Öffentlichkeit, sexuell
  • Empowerment: Sich von Rollenerwartungen nicht einschränken lassen
  • Selbstbestimmung
  • Frauen-Vorbilder positiv nutzen: Verbinden statt Abgrenzen
  • Frauen sollen kein Stück vom Kuchen, sondern einen eigenen Kuchen bekommen
  • Sexuelle Gewalt gegenüber Frauen bekämpfen
  • Genderfreie Erziehung
  • Wertschätzung von Care-Arbeit
  • Queer-Feminismus: Gender und dessen soziale Bedingung reflektieren
  • Gender und Klimawandel
  • Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
  • Stereotypisierung von Studiengängen
  • Tatsächliche Gleichstellung, gleiche Rechte ohne Hindernisse und Einschränkungen
  • Existenz-sichernde Arbeit für Frauen
  • Sensibilisierung des Umfeldes für das Thema Gender
  • Gleiche Möglichkeiten für alle Menschen
  • Spagat zwischen gleiche Rechte und Chancen und intensiv berufstätig und Mutter sein dürfen
  • Parität in allen Gremien, die Entscheidungen treffen
  • Feminismus braucht Kapitalismus-Kritik
  • Leistungsgerechte Anerkennung bzw. Bezahlung
  • Vielfalt aller Geschlechter
  • Ich kann mich nach meinen Fähigkeiten entwickeln
  • Selbstbestimmung: Nicht geschlechter-konform sein müssen
  • Gender ist ein soziales Konstrukt
  • Förderung von Familien anstatt Ehemodellen
Was mir aufgefallen ist, war die Bandbreite, wie die Beitragenden Gender oder Frau* sein für sich selbst definiert und beansprucht haben. Wie es die Bundeszentrale für politische Bildung gut auf den Punkt bringt, ließ sich auch in unserer Runde feststellen, dass wir Differenz- und Gleichheits-Feminist*innen dabei hatten. Während manche die Differenz zwischen Mann und Frau betonten und eine Aufwertung und Gleichstellung von weiblichen Personen einforderten (Kein Stück vom Kuchen, sondern ein eigener Kuchen), vertraten andere die Position, dass eine binäre Ordnung von Geschlechtern (Mann/Frau) aufgelöst werden und alle Personen gleichermaßen als Menschen betrachtet werden sollten. Was die Forderungen des Feminismus betrifft, so lassen sie sich in meinen Augen doch immer wieder mit ein paar zentralen Punkte zusammen fassen, die in ihrer konkreten Realisierung ein weites Feld bearbeiten müssen:

Freiheit, Gleichberechtigung und Respekt.

Für alle.

Bildquelle: http://traitspourtraits.tumblr.com/post/132756165064

Gender: Perspektiven, Spannungsfeld und Freiheit

Gender eröffnet Perspektiven.

Die Geschlechtsforschung fordert zu mehr Bewusstheit auf. Sie tut nicht nur das, die Auseinandersetzung mit „Gender“ ermöglicht und fördert auch eine Bewusstheitserweiterung auf vielen gesellschaftlichen Ebenen. Gender ist

für das Individuum genauso, wie für spezifische Gruppenkontexte auf persönlicher, beruflicher, psychologischer, pädagogischer und politischer Ebene relevant.

 

Gender ist allumfassend.

Ein Aspekt des psychologisch reflektierten Blicks zur Geschlechtsforschung ist, dass die Gender Thematik kollektiv verleugnet, abgespalten, ignoriert oder aus dem Bewusstsein weggeschnitten worden ist und teilweise wird dieser Umgang mit dem Fremden noch heute so praktiziert.

ZB.: wenn an Neugeborenen, die ohne eindeutige weiblichen oder männlichen Geschlechtszugehörig geboren sind, entsprechende chirurgische oder medikamentöse Eingriffe vorgenommen werden, um sie einer ausschließlich nur weiblichen oder nur männlichen Geschlechtlichkeit zuzuweisen.

 

Diversity ist Normalität.

Vielfalt ist natürlich. Für Gender gilt dieser Grundsatz auch.

Biologische Vielfalt gelten lassen

Aus archaische (aus ältester Herkunft) kulturellen Gesellschaftsformen ist der natürliche Umgang mit vielfältigen Phänomenen von sichtbaren, biologischen Geschlechtsmerkmalen benannt. Hier wurde das Anderssein verehrt und gewertschätzt: in der Antike kamen dem Zwitter besondere Privilegien zu, in Indien wird der Zwitter als Gottheit verehrt.

 

Gesellschaftliche Vielfalt beobachten

Für Indianer ist es natürlich von fünf verschiedenen Geschlechtern auszugehen. Sie sagen es gibt: den Mann, die Frau, den weiblichen Mann, die männliche Frau, den Zwitter. Auf Google gibt es aktuell insgesamt 60 Eintragungen zur geschlechtlichen Identität. Die Gesellschaft ist reif für eine Gender Bewusstseinsrevolution. Unser Zeitgeist ist reif für neue Sichtweisen.

Heute steht Bildung und Wissen deutlicher im gesellschaftlichen Bewusstseinsraum. Auch die unterschiedlichen Wirklichkeiten sind verfügbarer und auf Knopfdruck sofort zugänglich und lassen sich nicht einfach wegwischen respektive ignorieren.

Wird einerseits im vorherrschenden Zeitgeist Egomanie beklagt, so ist andererseits gerade dieses, sich selbst genauer und bewusster wahrnehmen, ein Auftakt für die jetzt bereichernde Offenheit im Umgang mit Gender.

Es braucht Interesse und Neugierde aller Beteiligten, um auszuhalten, dass es nicht ausschließliche Polaritäten gibt, sondern die natürliche Vielfalt.

Mit Gender ist eine psychologische Bewusstheitsevolution eingeleitet worden, die Wahrnehmungen und bewusste Ansprüche an geschlechtsspezifischen Aspekten neu sortiert respektive zusammenfügt. – Unsere Gesellschaft ist reif für neue Sichtweisen.

 

Politische Vielfalt einfordern

Sprachlich hat sich der Gesetzgeber auf: Mann, Frau und Person festgelegt.2017 wurde das gesellschaftliche Recht erstritten, sich selbst in der Geschlechtsangabe als divers zu bekennen. Seit 2019 ist „divers“ offiziell und somit gibt es jetzt die Geschlechtsoptionen: männlich (m), weiblich (w) und divers(d).

Wir können Menschen in Würde begegnen? Wir können uns untereinander mit Identitätsangeboten inspirieren? Diese Fragen bearbeiten wir in unseren Gender Seminaren.

 

Gender und Freiheit

Gender und Freiheit

Die Ausgrenzung und Diskriminierung von Nicht-Heterosexuellen nennt Judith Butler auch „die symbolische Abwehr besorgniserregender Möglichkeiten“. Diese Möglichkeit macht manchen Angst: dass es auch anders sein könnte als die Norm, das was für viele als „Normal“ gilt.

Das macht Sinn. Und zwar weil es Sinn und Einfachheit bedroht. Aus all den Möglichkeiten eine Variante rauszusuchen und zu sagen: Ein Mann + Eine Frau = ein „normales“ Paar ist eine Form von Sinn-Konstruktion. Ich finde Sinn, ein für mich brauchbares Muster, in einer Vielfalt von Optionen, die im Grunde alles sein könnten. Ich begrenze die Komplexität „was es sein könnte“ auf etwas, das so groß ist, dass ich es verstehe und sage es ist das „was es ist“. Das Ergebnis ist eine Setzung, die für alle Konsequenzen hat.

Es eröffnet einen Raum, in dem ein „Recht auf Dasein, auf den Status eines menschlichen Subjekts“ manchen gegeben wird und andere gleichzeitig von diesem Recht ausgeschlossen werden. Diese regulierende Kraft von „das ist normal“ macht vor allem eins deutlich: Die Macht, die Normen über uns Menschen hat – wie wir Menschen diese Macht am Leben halten, in dem wir uns immer wieder an diese Normen halten, sie zitieren und uns gegenseitig dazu auffordern, sie zu berücksichtigen.

Ein Tag der Freude ist der Tag, an dem wir dieses Muster durchbrechen, indem wir Sinn infrage stellen und Alternativen, Möglichkeiten, Potenziale erkennen. Ein Hoch auf die Gabe der Reflektion! Ein Hoch auf die Gegenmacht zur Macht der normativen Hegemonie. Hanna Meißner (2012): Butler, S. 25-28.

Frau sein?

Man wird nicht als Frau geboren

Man wird es. Simone de Beauvoire.

Selbiges könnte im Übrigens auch über Männer gesagt werden. Was die französische Philosophin und Feministin damit ausdrücken wollte, benannte ihre Kollegin, wie ich Judith Butler sicherlich bezeichnen kann, als das Überwinden des Zwangs und des Schicksals der Biologie (Butler, 1995). Die Idee dieser feministischen Theorie ist, dass es alles andere als „natürlich“ ist, eine Frau zu sein unter der Prämisse aller hinzugedachten und -gedichteten Attribute. Sie richtet sich als direkte Kritik an die Aristokratie der Naturwissenschaft, die seit der bürgerlichen Moderne scheinbar für einen Großteil der Gesellschaft wahrer ist als die anderen Wissenschaften.

Beauvoir und Butler stürzen die Biologie von ihrem Thron, indem sie auf die Naturalisierung von Diskriminierung, Ausgrenzung und Abwertung von Frauen auf Basis biologischer Argumentation hinweisen. Dass die „Natur der Frau“ für manche Tätigkeiten, Charaktereigenschaften oder Handlungsweisen geeigneter sei als für die Dinge, die in der „Natur des Mannes“ liegen, ist noch heute eine verbreitete Meinung. So liege es den Frauen, „familiär, fürsorglich, apolitisch [und] natürlich“ zu sein, während Männer hingegen „wettbewerbsorientiert, politisch [und] sozial gestalte[nd]“ seien (Villa 2012, 42). Es ist nicht unbedeutend, dass ausgerechnet die vermeintlichen Eigenschaften der Frauen mit Aufgabengebieten zusammenfallen, deren gesellschaftliche Wertschätzung geringer ausfällt, aus der simplen Tatsache heraus, dass sie nicht sichtbar werden. Die „Liebesdienste“ der Frauen, die zu einem großen Teil konstitutiv für die Reproduktion von Arbeitskraft sind (Kochen, Waschen, Putzen, Nachwuchs, Zuwendung, Pflege etc.) werden nicht als Leistung gewertet, sondern als die „Natur der Frau“. Es gibt kein symbolisches Kapital für die Arbeit, die nicht sichtbar wird, geschweige denn von finanziellem Kapital. Durch diese Arbeitsteilung entsteht eine gegenseitige Abhängigkeit von Männern und Frauen, die einerseits bezahlte Arbeitskraft und andererseits unbezahlte Reproduktion von Arbeitskraft im Tausch füreinander hergeben (müssen).

Es geht nicht darum, die Naturwissenschaften in ihrer Legitimation zu hinterfragen, sondern darum, ihre Grenzen und politischen Verstrickungen aufzuzeigen, wie sie jede Wissenschaft hat. Dass Männer und Frauen eine „unterschiedliche Natur“ hätten, war einmal eine bahnbrechende neue Erkenntnis. Aber wie es so schön heißt: Alles war einmal neu, bis es alt wurde.

 

Villa, Paula- Irene (2012): Feministische- und Geschlechtertheorien, in: Martha Kampshoff und Claudia Wiepke (Hrsg): „Handbuch Geschlechterforschung und Fachdidaktik“, Wiesbaden: Springer VS, 39-52.

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